Wortblumen sind Sonnenblumen. Gastbeitrag von Günter Wohlfart

Dem Autor ganz herzlichen Dank für seinen Text. Dass wir nach einer gemeinsamen Tagung in Xi´an/ VR China, auf dem Flug von Beijing nach Frankfurt/ Main, nebeneinander saßen, hat unsere Beziehung langstreckentauglich gemacht . 

Zur Person:

Günter Wohlfart stellt sich im Klappentext seines Buchs Die Kunst des Lebens und andere Künste. Skurrile Skizzen zu einem euro-daoistischen Ethos ohne Moral (Berlin, Parerga Verlag, 2005) folgendermaßen selbst vor: „Der Verfasser (www.guenter-wohlfart.de) lebt als `emeritierter´ Ziegenhirtengehilfe in seiner Zweisiedelei in den südfranzösischen Bergen. Er hat sich als Weisheitslehrling auf den langen Weg vom ordentlichen Professor und Lehrmeister zum Lebemeister gemacht. Es kommt ihm darauf an, die philosophischen Wahrheiten in seiner eigenen Lebenspraxis wahr zu machen. Philosophie ist für ihn keine bloße Kopf-Akrobatik mehr, sondern die Kunst des Lebens – und des Sterbens. Da das Leben, wie es so spielt, eine todheitere Sache ist, gibt er seine Langnaseweisheiten über das Leben-und-Sterben-lernen zum Besten, ohne dabei als eulenernster Germane das Lachen zu verlieren, vor allem über sich selbst.“

In seinem Buch Der Punkt. Ästhetische Meditationen schreibt er: „Die furchtbarstillen Augenblicke des Schönen sind die Augenblicke vollendeten Lebens, die Augenblicke der Aufgabe des Lebens, in denen wir dem Blick des Todes begegnen. / Der furchtbare aber göttliche Augenblick des Schönen ist Moment der Stille. Das Licht des Blicks des Gottes fällt ins Wort.“ (Freiburg/ München: Verlag Karl Alber, 1986, S. 170)

Extrablatt

                       Das Schöne und das Göttliche

                                      Licht- Blicke

                                                                       „To men theo kala panta

                                                                         kai agatha…”               

                                                                         Vor Gott ist alles schön                   

                                                                         und gut…

                                                                         (Heraklit B 102)[1]

Alles schön und gut …

Ich beschränke mich hier mal aufs Schöne und wage                 

als hera-klitterndes Wittgensteinchen die Sage:                                              Schön ist alles was der Fall ist;

im Augen-Blitz des Gottes;                                                                             

im Augenblick des Göttlichen..

Confessio: Ich bin ein Adorant des Sonnengottes – helio-trop.                         Meine Wortblumen sind Sonnenblumen, tourne-sols.

Die Sonne verdreht mir den Kopf; fast wie dem Vincent.

Und ich bekenne: Ich sitze hier als Oinosoph in der Sierra Nevada bei meinem abendroten vino tinto, dem Tinten-Wein für Schreiber. Er ist

mein `sundowner` beim Sonnenuntergang.

Ich ergötze mich am dunkelroten Zwielicht der

Götterdämmerung; heliotische Epi-phanie, Nachschein des

Göttlichen.

Ja,ja – sonnenklar: „Le crépiscule excite les fous.“ (Baudelaire),

die Dämmerung verzückt die Verrückten, aber ein bißchen

verrückt müssen die Künstler ja sein. Da dämmert es ihnen, den

minervischen Nachteulen; crepusculum – miraculum.

Wie schon gesagt: Das platonische ekphanestaton, das

Hervorleuchtendste ist das plötzlich (exaiphnäs) Schöne.

Der schöne Schein ist diaphan, durchscheinend.

Das bunte Licht des erschreckend Schönen, des Natürlichsten,

Lebendigsten, wirft dunkle Schatten.                                                        

Motiv des Tödlichen. Nature morte.

Der schöne Schein ist schon Vorschein, das Hervorleuchtendste 

ist zugleich das `Heimleuchtendste`.                                                      

Letzte Blicke des Lichts der Welt in der Lichtung des Nichts –                   

für Spätheimkehrer.  

(Text aus: DIE WEISHEIT DER SCHNEEEULE. Poetisch-philosophisches Sammelsurium für komische Käuze. Ein Album, Günter Wohlfart. Der Uhu aus Tuchan, im Indianer-Sommer 2022, S. 130/ 131)


[1] Vgl. dazu weiter und breiter auch mein Bilder-Buch Kap. 2.2.5 Das Schöne – Heraklits Pankallismus.

Beteilige dich an der Unterhaltung

2 Kommentare

  1. Lieber Heinrich,
    Dir möchte ich danken, uns den wunderschönen Text von Günter Wohlfart nahegebracht zu haben. Ich bin sehr berührt…
    Herzlichst,
    Xu Rong

  2. Lieber Heinrich,
    Dank für diesen kleinen Text. Ich frage mich aber, was das für ein Text ist, für wen? Als Selbstverständigung, als Text für den Autor selbst, ist er sicher sehr gelungen, die Freude beim Schreiben an jeder Stelle spürbar. Was passiert aber, wenn solche Texte publiziert werden? Sollen die Leser mit der Nase (sprich: den Augen) auf die unglaublich umfassende Bildung des Autors gestoßen werden? Ihn dafür bewundern, wie weit er es – seiner Meinung nach – schon gebracht hat? Läuft dieser publizierte Text letztlich nicht auf ein „Fishing for compliments“ hinaus und ist mehr Ausdruck von Eitelkeit als Einsicht? Sind die französischen Berge ohne Publikum vielleicht doch zu „leer“? – Texte die zu Fragen anregen, sind gute Texte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert