Natur

Made in China. Zum Umgang Chinas mit Natur, Technik und Umwelt

14.02.2020, Akademie Völker und Kulturen St. Augustin

Während in Deutschland mit dem technologischen Fortschritt eine gewisse „Bedenken“-kultur einhergeht, ist in der Volksrepublik China diesbezüglich keinerlei Zögerlichkeit festzustellen; die modernen Technologien und ihre Möglichkeiten werden offensiv genutzt. Ein chinesischer Philosoph der Ming-zeit (1368-1644) würde sagen, dass die Entwicklung von Himmel und Erde der Unterstützung durch den Menschen bedürfe. Befördert durch den „Wissenschaftlichen Sozialismus“ chinesischer Prägung, hat dazu die Technikfrage in China eine stark ideologische Ausrichtung erfahren. Technik und Macht, sie sind eine enge Verbindung eingegangen. Der zentrale Gedanke des Vortrags lautet: Es muss eine vertiefte Auseinandersetzung mit den chinesischen Traditionen des Umwelt- und Naturdenkens und auch mit ihren politisch-gesellschaftlichen Aspekten stattfinden, denn die Umweltfrage ist global.


Schutz der Natur – Schutz der Kultur: Zur Bedeutung des chinesischen Technikverständnisses im Kontext der internationalen Umweltdiskussion

31.08.2019, China Zentrum, im KSI Siegburg

Der respektvolle Weg, auf dem es gelingt, euopäische und nicht-europäische Traditionen miteinander ins Gespräch zu bringen, ist noch nicht gefunden. Praxis ist weiterhin, dass man in internationalen Gesprächsrunden außereuropäischen Kulturen nur dann Gehör schenkt, wenn sie „westlichen“ Denkmustern folgen. Vergessen wir nicht, dass das Wissen, das wir zur Lösung der Umweltproblematik einsetzen wollen, eben den „westlichen“ Wissenschaftstraditionen entstammt, die ursächlich verantwortlich für die ökologische Problemlage der Gegenwart sind. Idealtypisch hat Natur in der chinesischen Kultur sehr viel mit Praxis zu tun. Das bedeutet: Du kannst nur dann die Natur schützen, wenn du deine eigene Kultur schützt. Im Kontext des chinesischen Technikverständnisses wird der Inhalt dieses Satzes einer kulturgeschichtlichen Reflexion in Bezug auf seine umweltpolitische Bedeutung unterzogen.


Natur zeigt sich nur in einer bestimmten Perspektive. Zum Naturbegriff in China

19.12.2018, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Ostasienwissenschaften

„’Natur‘ zeigt sich nur in einer bestimmten Perspektive“, wie Ludger Honnefelder in der Einführung zu dem Band Natur als Gegenstand der Wissenschaften feststellt. Dies bedeutet, dass unserem Verständnis von ‚Natur‘ ein gewisses Vorverständnis zugrunde liegt und auf diese Weise historischer Natur ist. Es ist vom jeweiligen Weltbild des Einzelnen – sei er Politiker, Wissenschaftler, Literat oder Künstler – und dessen jeweiligen intellektuellen und lebensweltlichen Einflüssen geprägt. Insofern in ihm verschiedene Ansätze des philosophisch-weltanschaulichen und wissenschaftlichen Denkens zum Tragen kommen, ist das Wissen von `Natur´ hypothesengeleitet und steht somit auf Widerruf. Im Zentrum meines Vortrags stehen die Hypothesen, die das chinesische Naturverständnis prägen.


Von-selbst-so. Zu Natur und Naturbegriff in China

05.03.2016 Osthaus Museum Hagen

Die Malerei „entspringt der Natur und nicht irgendwelchen Verordnungen oder menschlichen Werken“, wie schon ein chinesischer Kunsttheoretiker des 9. Jahrhunderts n.Chr. zum Ausdruck gebracht hat. Bilder zeigen nicht nur einzelne Dinge (einen Stein, einen Baum). Vielmehr zeigen sie die Wechselbeziehungen zwischen ihnen und ihre Transformationen, und dies mit Bezug auf die menschliche Welt: Die Malerei „durchdringt vollständig all die Aspekte des universalen Geistes (erschöpft die göttlichen Tranformationen)“, so der eben zitierte Kunsttheoretiker weiter. Da die Malerei ihren Ursprung in der Natur hat, ist sie als dynamische Größe zu verstehen. Ihr sind geradezu magisch zu nennende Fähigkeiten zueigen. Kunst ist somit nicht das Gegenteil von Natur. Natur und Kunst schließen einander nicht aus, sie finden in den besten Werken, die „natürlich“ genannt werden, zusammen. Im Vortrag werden 1. der chinesische Naturbegriff und 2. das Verhältnis von Mensch und Natur, das ohne die Kunst nicht zu denken ist, thematisiert. 

Musik

China und die klassische Musik

Impulsvortrag und Diskussionsrunde im Rahmen eines Kammerkonzertes mit chinesischen Studierenden

27.10.2016 Orchesterzentrum NRW, Dortmund

Wenn ausländische Studierende, darunter viele Asiaten und darunter wiederum viele Chinesen, an deutschen Musikhochschulen studieren, ist dies nicht nur als eine besondere Herausforderung und einseitige Leistung, sondern auch als eine große Chance für die deutsche Musikwelt zu sehen. Nicht nur die Studierenden wachsen während ihres Studienaufenthaltes in Deutschland, sondern auch die Musik wächst mit ihnen. Denn die Begegnung der Kulturen bedeutet mehr als nur die Kenntnisnahme von heterogenen Gesellschafts- und Kunstformationen. Sie führt, im positiven Fall, zur Überwindung der aus Zeit und Raum erwachsenen Abgrenzungen, zu einer schöpferischen Krise, zu neuen Aufgaben und Möglichkeiten. Dies als Impuls, der unter Musikerinnen und Musikern sicherlich Anlass zu intensiv geführten Diskussionen gibt.  


„Erblühende Zweige. Westliche klassische Musik in China“

2009-2015, zahlreiche Orte in Deutschland und Europa

„Erblühende Zweige. Westliche klassische Musik in China“. Im Bild der „erblühenden Zweige“ klingen die Poesie und die Exotik an, die uns aus so mancher Turandot- oder auch Madame Butterfly-Inszenierung bekannt sind. Wenn in meinem Vortrag wie auch in meinem 2009 erschienenen Buch, das den gleichen Titel wie dieser Vortrag trägt, von den „Zweigen“ die Rede ist – entweder von den „erblühenden“ oder aber auch von den „gebrochenen“ Zweigen -, spielen doch auch die Wurzeln eine bedeutsame Rolle. Auf sie gehe ich sowohl in meinem Buch wie auch in meinem Vortrag ausführlich ein. Denn meiner Auffassung nach konnten bzw. können die Zweige der westlichen klassischen Musik nur deswegen in China erblühen, weil dafür die Wurzeln in einem langsamen Prozess, der von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts andauerte, ausgebildet wurden.
Vortrag zusammen mit der Geigerin Xiuwei Zhou-Geiger, die die geschichtlichen Ausführungen mit der Darbietung von traditionellen chinesischen Stücken, die für die westliche Geige umgeschrieben wurden, bereichert.


Die Musik der Seidenstraße und die Musikkultur am Hofe der Tang-Kaiser

07.03.2013 Deutsche China-Gesellschaft, Museum für Ostasiatische Kunst, Köln

Das Thema fasziniert in mehrerer Hinsicht. Denn über die Seidenstraße wurden spätestens seit Beginn der westlichen Han-Dynastie (206 v.Chr. bis 9 n.Chr.) Europa, der Nahe und Mittlere Osten, Indien und China miteinander verbunden. Und schon vorher existierte ein Netz von Karawanenrouten. Auf ihm wurden wertvolle, „exotische“ Güter transportiert. Auch Religionen fanden ihre Verbreitung. Und Musiker, die vor den Mühen einer Reise auf diesem Handelsweg nicht zurückschreckten oder nicht zurückschrecken durften (weil sie als Tributgeschenke ihren Weg nach China fanden), machten die Kaiser der Tang-Dynastie (618-907) mit unterschiedlichen Musikstilen und Musikinstrumenten vertraut. Am Beispiel der Musik der Seidenstraße und der Musikkultur am Hofe der Tang-Kaiser wird deutlich, dass die chinesische Kultur in ständiger Auseinandersetzung mit anderen Kulturen stand und so eine Kultur der „vielen Ursprünge“ (duoyuan wenhua) darstellt. Die Chinesische Mauer erwies sich immer als durchlässig.

Ästhetik

Chinesische Ästhetik nach ihrer Begegnung mit der westlichen Ästhetik am Ende des 19. Jahrhunderts

20.10.2012 Fudan Universität, Shanghai

In China sind seit dem Altertum Ästhetik und Lebensphilosophie untrennbar miteinander verbunden: Die Ästhetik ist nicht nur eine Form der Kunsttheorie! Der Versuch, ausgehend von der Erfahrung des Schönen (mei) ein geschlossenes philosophisches System zu erstellen (wie es später der historische Materialismus tat), nimmt allerdings erst in der Übergangszeit vom Kaiserreich zur Republik konkrete Gestalt an – und dies ausgehend von der Begegnung mit den Schriften Schopenhauers, Kants und Nietzsches. Dadurch wird deutlich, dass die chinesische Ästhetik keine unveränderlichen, „ewigen“ Traditionen konserviert, die dem chinesischen Volk in die Wiege gelegt worden wären. Vielmehr lebt sie aus der Zeit und bündelt auch in interkultureller Hinsicht die verschiedensten Horizonte und Denktraditionen in sich. Sie ist eine Erfahrungswissenchaft, der ich in ihrer historischen Entwicklung in meinem Vortrag nachgehe.


Spuren. Zur Rezeption chinesischer Tuschmalerei in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Beispiel Ernst Grosses (Ästhetik) und Julius Bissier (Malerei), Vortrag + Seminar

01.10.2011 Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte, Bernkastel-Kues

Der Maler Julius Bissier (1893-1965) pflegte zwischen 1919 und 1927 eine enge Freundschaft mit dem Privatgelehrten und Kunstsammler Ernst Grosse (1862-1927). Er wurde von diesem in die Kunst Ostasiens eingeführt. Bissier hat durch den geistigen Austausch mit E. Grosse von der ostasiatischen Kunst „gelernt“ und aus ihrem Bereich vieles „zusammengesucht“. Dabei sind seine Tuschbilder entstanden, die, wie es der Kunsthistoriker Werner Schmalenbach einmal formuliert hat, „als die Kunst eines Weisen oder eines Mönches“ empfunden werden. Die Bilder Julius Bissiers und die Texte Ernst Grosses beeindrucken durch die Intensität ihrer Auseinandersetzung mit den künstlerischen und geistigen Traditionen Ostasiens. Mit ihrem Werk haben sie „Spuren“ gelegt, denen verschiedene Maler des 20. Jahrhunderts, die sich in ihrem Schaffen ebenso von Ostasien inspirieren ließen, folgten.


Kunst jenseits der Kunst. Über das Schöne in China, Vortrag + Seminar

18.06.2011 Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte,, Bernkastel-Kues

Das anschauende Sein-Lassen, die Kontemplation und die Einbildungskraft haben in China eine Bedeutung, die weit über den Bereich der Künste hinausführt. Da sie mitten in den Bereich des menschlichen Lebens führen, sind sie der eigentliche Bezugspunkt der chinesischen Ästhetik. Das Kunstwerk entfaltet seine Wirkung im Klang zwischen dem Künstler oder auch Literaten und dem Betrachter oder Leser. Zwei Themenkomplexe stehen im Mittelpunkt: 1. Die Geschichte des Schönen in China, 2. Künstlerische Wirklichkeit: Was ist die „wirkliche Wirklichkeit“ und wie versteht sich ein „wirkliches“ Kunstwerk? Die Beschäftigung mit diesen Themen findet ausgehend vom Werk eines chinesischen Malers der Gegenwart statt; Werke der chinesischen Dichtkunst und der chinesische Philosophie werden in die Betrachtungen einbezogen.


Traditionelle Begriffe des Schönen in der Bildenden Kunst und Literatur Chinas

15.03.2007 Deutsche China-Gesellschaft,  Museum für  Ostasiatische Kunst, Köln

Was schön ist, versteht sich nicht von selbst. In der Auseinandersetzung mit dem Schönen will man erkennen, wer und wie man selbst ist. Angesichts dessen darf es nicht verwundern, dass nach dem Ende der Kulturrevolution (1966-1976), die mit allem Alten zu brechen versucht hatte, die Ästhetik in China zu einem ungemein stark beachteten Gebiet wurde. Für die 1980er konnte sogar ein besonderes „Krankheitsphänomen“, nämlich das Ästhetikfieber (meixue ri) diagnostiziert werden. Mittlerweile hat sich dieses Fieber wieder gelegt. Da in den letzten Jahren anstelle der Ästhetik der boomende chinesische Kunstmarkt die Gemüter erhitzt, wird im Rahmen des Vortags für eine „interesselose“ und gelassene Distanz zum ästhetischen Gegenstand geworben, da erst Interesselosigkeit und Distanz den unverstellten Blick auf die feinen Nuancen in der traditionellen chinesischen Kunst und Literatur ermöglichen.